Selbst wenn abgelegene Täler mit Landart bestückt werden – selig sei die Heinze, das Heutuch, das Bargauntschi – den Bauern selbst
interessiert es nicht und er belegt das ganze Tun mit seinem Schweigen, welches nicht bildlich zu erfassen ist.
Der Versuch, einen Zusammen-Hang zwischen Landwirtschaft und Kunst herzustellen, ist ein Ding der Unmöglichkeit, denn wer Kunst betreibt, tut dies, weil er der harten Arbeit, welche das Bauerntum umflort, entfliehen konnte. Der Künstler kommt
meist aus dem urbanen. Allerdings, viele Maler lebten und malten in ländlicher Umgebung. Segantini malte Landschaften. Kirchner auch und dazu porträtierte er die Davoser Bauern. Eine Kuh,
Schafe. Alte Frauen. Auch Kirchner, überwiegend alte Frauen.
Und man stelle sich vor, ein Bergbauer würde einen Künstler beauftragen, ein Porträt von ihm oder seiner Heerkuh zu malen. Für
einen mit Milben bewohnten einjährigen Alpkäse als Gegenleistung. Ein schöner Gedanke!
Oder ein Bergbauer würde aus Kunstbegeisterung einen Teil seiner Bundesbeiträge spenden für einen zu erstellenden
Velo-Ständer beim Kunstmuseum – Anbau.
Wenn man da in diesem Anbau
in Beton eingemauert herumschlendert, trifft man unter anderem auf die Giacomettis aus dem Bergell.
Giovanni Giacometti nutzte einen Stall als Atelier und malte Schafe,
Bauern und Alpweiden. In der Churer Ausstellung sehen wir das Werk "Sonniger Hang mit Ziegen & Schafen" sowie "Umstechender Bauer" (eine Schenkung von Simon
Sprecher).
Es fehlt die Kuh des Andy Warhol. Zu sehen ist die Kuh im Andy Warhol-Museum in Medzilaborce. Warhols Eltern sind einst von dort in die USA ausgewandert. Deshalb steht
da ein Museum mit moderner Kunst, inmitten einer touristisch unattraktiven Gegend. Bewohnt von sich selbstversorgenden Kleinstbauernfamilien. Das Team des Dokumentarfilms von
Alexander Mucha trifft auf Menschen ohne Bildung und in Armut (Subsistenz) lebend. Sie haben ihre eigene Philosophie:
"Das Museum in Medzilaborce beherbergt neben einigen Bildern vor allem persönliche Gegenstände aus dem Umfeld Andy Warhols wie das Taufkleid der Familie und ein Notizbuch
seiner Mutter Julia. Viele Gäste gäbe es nicht, beklagt der Direktor mit offensichtlicher Verachtung für die Landbevölkerung, die ihr karges Einkommen lieber in Alkohol investiert, der
allerdings den interessierten Roma, die sich beim Kamerateam beschweren, den Zugang verwehrt, da er keine dreckigen, zerlumpten Leute hineinlassen könne, die alles kaputtmachen und klauen –
welch Renommee für das einzige Museum dieser Art in Europa, durch dessen defektes Dach das Regenwasser in bunte, aufgestellte Eimer tropft und dessen kleine Band später vor der Tür einen
abgefahrenen Song auf den Pop-Artisten vor einem spärlichen Publikum präsentiert, das mehrheitlich aus Kindern der Roma besteht. (Marie Anderson/Absolut Warhola)"
So haben den die raren Zeichnungen, die Warhol einst von New York in sein Dorf sandte als Anfeuermaterial – oder die Kinder haben Papierflieger daraus gemacht – herhalten
müssen. Der Kurator des Museums wählt denn auch Motive aus, zu denen die Menschen der Gegend einen Zugang haben. Die Kuh, ein Sommervogel, ein Blumenmotiv, ein Lenin-Porträt.
Daran sollten sich die Ausstellungsmacher aller Art auch hier im Kanton halten.
Die Sankt Antönier Bauernfamilien kamen gar nicht dazu, mit ihren Heinzen anzufeuern. Zu kurz war die Zeit, zwischen der aufkommenden Heubelüftung (Heubombe) und
den darauffolgenden Siloballen. Im Wohnhaus folgten auf die Holzöfen die Bodenheizungen, angetrieben mittels Wärmepumpen, fertig war mit anfeuern. Womit diese Kunst zum Erliegen
kam. Das gab dem Künstler Gelegenheit zum Heinzenturm von Sankt Antönien.