ALPIN FUTURBil
Parc Adula, aus der Sicht eines Hirten /Finanziert wird der Park zu 60 Prozent durch den Bund und zu 20 Prozent durch die Kantone Graubünden und Tessin. Weitere 20 Prozent tragen die Gemeinden, Stiftungen und Sponsoren bei. Pro
Jahr werden mehr als fünf Millionen Franken in Projekte und Arbeitsplätze vor Ort investiert. Spricht für den Park. Wenn man was bekommt, vom Geld.
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Natur- und Nationalpärke sind eigentliche Entwicklungs- wie auch Bewahrungsprojekte. Entwicklungshilfe entworfen auf dem Reisbrett von Spezialisten. Diese vergeben für kommerzielle Angebote aus der Parkregion Qualitätssiegel.
Der Panzerschiessplatz Hinterrhein und der Luzzonestausee werden nicht mit einbezogen. Quergestrichelt auf der Karte der Kernzone die “Enklave
Militärplatz” (inklusive Dieselrussemissionen), in der man sich besser nicht bewegt.
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Ein grosses Rumoren geht durch das Land. Angefangen hat
die Sache mit einer Stellungsnahme des SAC gegen die Kernzone im Parc. Einschränkung der Bewegungsfreiheit. Ein SAC-Sprecher spricht von unseren alpinen Sommerrouten. Ein
Park-Sprecher entgegnet der SAC habe Angst um seine Adrenalin-Sportarten.
Der Parkdirektor Hilfiker teilt in Nufenen den 70 Interessierten mit, wer überhaupt berechtigt ist, sich in der Kernzone frei zu bewegen: Hirten & Älpler, Wildhüter, Ranger. Als Hirte stelle ich mir die Frage, ob ich mich nur innerhalb des Weidegebietes aufhalten darf. Begebe ich mich unterhalb des Zaunes in den Wald, um heimlich Pilze zu suchen, kann ich vom Ranger gestellt werden. Was ich hier mache. Nun kann ich sagen, ein Kalb sei mir verloren gegangen. Der Ranger, gekleidet wie ein amerikanischer Ranger, ein junger Bursche aus dem Tal, vormals Zimmermann, verdächtigt mich des Suchens nach Pilzen. Er ist nicht blöd und es nervt ihn, dass ich ihn offensichtlich für blöd halte. Pilze konnte ich früher suchen, ausgenommen an den Schontagen, den Pilzruhetagen. Jetzt ist es auf ewig verboten. Berechtigt sind auch Personen die an einem vom Park bewilligten Forschungsprojekt mitarbeiten.
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Letztlich ist es einer der üblichen Kriege zwischen "Grünen", "konservativ-liberalen BDP-Neogrünen" und Traditionalisten. Insgeheim gibt es ja diese bäuerliche Kampagne gegen die Ökobüros, was eigentlich wieder die Grünen sind. Es wird moniert, dass
diese der Landwirtschaft Geld wegnehmen würden. Das wären die Löhne für die Wild- und Blumenbiologen, Manager & Ranger. Rein zufälligerweise fallen die Jäger aus der Diskussion, die
Kernzone besteht grösstenteils aus Wildasylen/Wildruhezonen.
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Dabei könnten gerade die Ökobüros sich nahe ihren Arbeitsfeldern niederlassen. In Bergdörfern. Diese beleben, dabei sein. Beim zuoberst am Schamserberg situierten Institut Umwelt und Natürliche Ressourcen (IUNR) , das sich vor allem mit der Entwicklung von Zukunfts-Modellen befasst, mag dieser Wunsch Vater des Gedankens gewesen sein. Das halbe dutzend dort Beschäftigter wohnt aber lieber in den Talgemeinden. Vielleicht weil sie die Monotonie der mechanisierten Landwirtschaft, die das Leben an solchen Orten dominiert, nicht aushalten und ihre nichtlandwirtschaftliche Tätigkeit als solche nicht als Arbeit wertgeschätzt wird. Ob es tatsächlich eine Konkurrenzsituation zwischen einem Ökobüro und dem Bergbauernbetrieb gibt, das weiss man noch nicht.
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SAC. (SwissAlpinClub) Das Organ des SAC „Die Alpen“ zeigt uns in fortlaufend was dieser, als einer der vielen NGO’s, die in Alpen aktiv sind, so
unternimmt, damit etwas läuft. Ein tieferer Sinn ist schwer zu erkennen. Wäre ja auch nicht in der
Bergsteigerlogik. Es ist Animation auf allen Höhen: Klettergärten, Klettersteige, Eisklettern und Kinderklettersteige ….. Skitourenrennen. Mammout Youth Climbing Club, so Sachen. Dynafit
SAC Youth Cup, Patrouille des Glaciers. Bringt alles ein ziemliches Mackertum auf den Berg. So Kadersachen. Der „Sommerbergsport“ ist eine Bedrohung für die Alpen, und zwar nicht eine physische
sondern eine psychische, eine massive sinnliche Bedrohung. In der Kernzone des Parkes hätte man diese Typen weg, aber eben alle anderen auch.
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In der Praxis ist der Hirte nur noch ein exotischer Sprenkel (die 8. Zeigerpflanze) in der alpinen Landschaft, die
wahren Helden und coolen Typen sind die Kletterer, die Biker und die Jäger. Helm- und Waffenträger! Wir Hirten möchten auch ein wenig bewundert werden. Bitte!
Die Parksache aber regelt das Dasein der Alpwirtschaft klar, es steht geschrieben, was da wird und nicht mehr sein wird. Diejenigen die sich jetzt als
Freunde der Bewegungs-Freiheit outen, meinen in erster Linie ihre eigene, die Alpwirtschaft ist ihnen egal.
Im Artikel 17 der Pärkeverordnung ist die traditionelle Weidenutzung in der Kernzone erlaubt. Mit Einschränkungen.
Menschen dürfen die Wege nicht verlassen. Genau so stelle ich mir das vor. Ein diszipliniertes Wandern auf markierten Wegen. Es lebe der Park und seine
Ordnung! Es lebe der Mensch in Goretex. Nun auf alle Fälle, schön ist die Annahme, dass Alphütten dem Touristen, der brav auf dem Weg bleibt,
selbstgemachte Fitnessdrinks aus Schotte/Zitronensaft/Honig & Süssmost (als Beispiel) und selbstgetrocknete Alpenkräuter verkaufen darf. Die Verminderung der Weideflächen wird damit
gerechtfertigt, dass einige Alpen nicht mehr rentabel seien. Gleichzeitig erhöht der Bund gerade jetzt die Beiträge zur Rettung dieser massiv.
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Die Sömmerung der Schafe auf der Greina ist ein gutes Beispiel. Dass die Schafe spätestens im Juli in die allerhöchsten Höhen ziehen und sich an der
Gratflora erfreuen, die wohl toxisch auf sie wirken muss, denn niemand bringt sie wieder weg, ist den Florabiologen und der Wildhut schon lange ein Dorn im Auge. Der Hirte soll sie davon abhalten ihre gewohnten Wege, die sie seit Urzeiten gehen, zu gehen. Das ist Blödsinn. Der
Schafhirt mag diese Zeit, wo sie da oben sind. Hier sind wir beim Kernproblem. Nach dem beispielhaft
dilettantisch-diffusen System der Koppelweiden, das die Schafalpung in drei Kategorien einteilt, nun die Regelung im Park, die den Lauf der Schafe unterbrechen will. Praxisferne Konzepte,
entwickelt von bikenden Agrarinscheniören! Schafe sollen von Hirten gehütet werden, täglich, so wie dieser es will. Schafalpen mit Zäunen sind keine Alpen.
Ja zum Quark! Nieder mit dem Ziger!
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Es gibt Leute die sich amtlich mit der Zukunft, der Entwicklung, der Schaffung von Arbeitsplätzen beschäftigen. Stillstand der Entwicklung, Abwanderung, Brache. Neben dem Nazionalpark als Idee, die Olympischen Spiele sowie Investitionen in ein Kohlekraftwerk in Italien. Vom Volk abgelehnt.
Nun lanciert man die nachhaltigen, dezentralen Olympischen Spiele. Eine Wortklauberei, entnommen dem links-alternativen Sprachschatz. Küsschen. Umarmung.
Diese "zukunftsorientierten" Projekte, Nationalpark & Olympische Spiele, erfreuen sich breiter Unterstützung der bürgerlichen Politiker und Medien.
Ein weiterer mit Wohlwollen beschenkter Wirtschaftszweig sind die Hoteltürme und Luxusresorts für russische Oligarchen und saudische Prinzen & Prinzessinnen. Milliardäre mit psycho-existenziellen Sorgen fühlen sich im Rechtsstaat Schweiz in Sicherheit. Polizei und Militär sind gut ausgebildet und ausgerüstet.
Das WEF in Davos mit seiner Dauer von 5 Tagen hat bewiesen, das die "Einheimischen" gerne finanziell etwas zur Sicherheit "unserer Gäste" beitragen. Die Gemeinde Klosters bezahlt 150'000, Davos 1 Million, Graubünden 2 Millionen und der Bund
3 Millionen an die "Sicherheitskosten". 6'150'000 Franken. Da sind eben die 5 Millionen pro Jahr für den Park einfach nur Restgeldmenge.
Job's der Zukunft: Ranger, Greenkeeper, Caddie, Security, Leuchtturmwärter. Vielleicht versucht man es mal mit "vergangenheitsorientierten" Projekten......
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Die Produktion land- und alpwirtschaftlicher Erzeugnisse- neben den Beiträgen des Bundes - habe eine existenzielle Bedeutung für die Bergbauernbetriebe. Nein. Die Studie zur Zukunft der Alpwirtschaft im Park Adula (Peter Rieder 2009) ist leider schon überholt.
Eher Bedeutung hat wohl die Zollrückerstattung auf Treibstoffe, deren Höhe beim heutigen Dieselbenzinverbrauch- bedingt durch die Übermechanisierung -in
die Nähe des Markterlöses der Eigenproduktion (Naturabeef) kommen dürfte.
Mehr Mutterkühe, weniger Alpen auf denen gekäst wird. Das konnten sie nicht voraussehen. Eine gegenläufige Dynamik fährt durch die Alpen. Die Dörfer
sterben aus und werden zugedeckt vom Lärm der Traktoren. Es sind sozusagen Dörfer auf Rädern, die nur mit Diesel funktionieren. Der Alltag in diesen Regionen (hier kannst du
nicht leben ohne Auto.....) steht im Widerspruch zu den erhabenen Zielen der Parkpromotoren: Ab dem Jahr 2002, d. h. mit dem Inkrafttreten der ersten EU-Emissionsstufen stellte
sich ein deutlicher Rückgang der Dieselrussemissionen ein. In der Landwirtschaft war der Rückgang allerdings gering. Heute ist die Landwirtschaft mit 226 Tonnen Partikelmasse pro Jahr die
mit Abstand grösste Emissionsquelle von Dieselruss im Nonroad-Bereich (Stand 2015; total: 358 t pro Jahr). Das Umweltziel für die Landwirtschaft von maximal 20 Tonnen Dieselruss pro Jahr
wird schätzungsweise um das Jahr 2042 erreicht. Garagen & Landmaschinen - Werkstätte haben überlebt, die Bauernbetriebe sich halbiert, die Dörfer
ausgestorben.
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Als Hirte werde ich- falls der Park kommt- Teil des Artenreichtums sein, aber weder schützenswert noch beitragsberechtigt. Zusammen mit
den Bauern, werde ich glücklich sein. Ohne Bauer kann ich nicht Hirte sein. Es gibt nicht viele Alpen in der Kernzone, ein Dutzend. Und ich wünsche mir, ein kleiner Wunsch nur, sowie die
Panzerschiessenklave, Mutterkuhenklaven.
Letztendlich wird eine Landschaft veranstaltet. Damit man sie nicht weiter verunstaltet. Spezialisten, Animation, Grafik, alpin Lifestyle. Vielleicht wird
man von mir verlangen, dass ich meine geliebten Fieberglass-Zaunsticks durch währschhafte Holzpfosten ersetzte. Man drückt uns eine 50-er Note in die Hand, damit wir den Alpsegen rufen.
Ein Alpsegen-Kurs im Plantahof wird uns angeboten.
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Im Park gibt es 70 Projekte. Vom Jugendfilmprojekt (Fr. 500), diverse Trockenmauern (Fr. 2'000 ), Entbuschungen (Fr. 25'000) bis zum "Kulturweg" (Fr.
100'000). Was ich mich immer frage ist, woher eigentlich die
allseitige Begeisterung für Trockenmauern kommem könnte? Wie wäre es mit einem Thementrail zur Geschichte der Sodomie in den Alpen?
Ein Beispiel für die Aktivitäten nach aussen: Parc Adula stellt an den Solothurner Filmtagen Produkte aus dem Bleniotal vor.
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Restgeldmengen fliessen. Der Zoo-Effekt, Leo Tuor hat recht. Ökologie heiratet Ökonomie. Generiert optimierte Synergien. Selber bin ich schon Teil dieser animierten Welt. Das Touristoffice ist überall. Auf den Alpen Schilderwälder & mutterkuhsichere Grillplätze.
Von mir als Hirte wird soziale und emotionale Kompetenz gegenüber dem Touristen erwartet. Wir Hirten erkennen und entfernen die gefährliche Mutterkuh. Wir
kennen uns aus mit Robidog und Defibrillator. Wir Hirten sind ganz bei Trost, auch wenn es schneit. Wenn der Park kommt, werden wir den Alpsegen rufen, denn wir nie gerufen haben, um die
bösen Geister des Spektakels zu bannen.
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Was, wenn er nicht kommt, der Park. Nichts wird passieren. Es bleibt wie es ist. Und das ist auch nicht gut so. Weiterhin vergammelte Allmendzäune. Tote Dörfer voller Motorenlärm. Rassismus, BDP/SVP, Intoleranz, Ignoranz. Für den Hirten wird sich nichts ändern, ob JA oder NEIN. Er wird immer so wenig bekommen wie möglich. Und hat ständig den Beweis zu erbringen, dass er nicht Ferien macht, bezahlte.
Zurzeit ist die Stimmung immer noch so wie sie immer war. Modernitätskritisch, Unsicherheit gegenüber allem Urbanen und neuerdings aufflammender
trotziger Provinzialismus. Gegen die Aufklärung, katholisch-autoritätsgläubig.
Diversifiziert euch !
Es lebe die demokratische Magerwiese, nieder mit den Zeigerpflanzen!
Petra Zbinden: "Als Bergsee- und Hochmoorbiologin freue ich mich auf meinen neuen Job im Parc Adula. Ich freue mich sowieso auf alles. Nicht weil das heutzutage verlangt wird.
Nein, ehrlich ich bin so. Natur- und Nationalpärke gehören heute zum zeitgemässen Freizeitangebot, wie Islandponys und weisse Schimmel. Während der Sommerzeit werden wir Biologinnen &
Biologen zusammen mit Spezialisten Lager mit verhaltensauffälligen, autistischen sowie bipolaren Jugendlichen durchführen. Der Kontakt zur Natur ist vergleichbar mit zum Beispiel einer
Reittherapie. Die lockernde, ausgleichende und angstlösende Wirkung, die der Natur zugeschrieben werden kann, passt in das humanistische Konzept, in das der Park eingebettet ist. Bei
unserer Arbeit im Park müsssen wir über soziale und emotionale Kompetenz verfügen, wir sind auch ein wenig Spaßmacher, Psychologen.